Rede des Ortsbürgermeisters zum Volkstrauertag 2014
Wir haben uns hier versammelt, um gemeinsam am Volkstrauertag den Opfern von Kriegen, Gewaltherrschaft und Terror zu gedenken.
Volkstrauertag - nach seiner Wiedereinführung nach dem 2.Weltkrieg stellten die damaligen Verantwortlichen diesen Tag in die Erinnerung des Deutschen Volkes an die Toten der beiden Weltkriege. Den “Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat” sollte gedacht werden, aber ebenso an die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
In diesem Jahr steht dieser Tag in der Verantwortung
zweier besonderer Jahrestage:
Vor 100 Jahren brach der erste Weltkrieg aus. Auch wenn
heute die Verantwortlichkeit differenzierter gesehen
wird, halb Europa diesen Krieg wollte und eine überhebliche
und dilettantische Diplomatie komplett versagte, so war
Deutschland doch einer der Hauptkriegstreiber…
Dieser Krieg war auch eine Zäsur. Nie zuvor wurde
mit einer solchen wissenschaftlichen Akribie die Vernichtung
von millionenfachem Leben mit industrieller Rationalität
vorangetrieben. Am Ende standen Leid, Tod, Verstümmelung
und Armut. Jeder Fünfte, der eingezogen wurde,
kehrte nicht mehr heim. 10 Millionen Soldaten verloren
ihr Leben. Aber auch 7 Millionen zivile Opfer waren zu
beklagen. Über 20 Millionen Menschen mit Verletzungen
an Leib und Seele und zum Teil unvorstellbaren Verstümmelungen.
Am Ende gab es zwar Sieger auf dem Papier, aber moralisch
hatten alle mit ihrem Machthunger, der auf dem Rücken
des kleinen Mannes ausgetragen wurde, verloren und der
Scherbenhaufen führte unmittelbar 2 Jahrzehnte später
in die nächste Katastrophe. Vor 75 Jahren führte
Deutschland die Welt in einen Krieg, der den vorgenannten
Krieg an Tod und Leid noch bei weitem übertraf,
ja sogar potenzierte! Zwar waren beim ersten Weltkrieg
schon Staaten der gesamten Welt beteiligt, so fanden die
Kriegshandlungen aber überwiegend auf europäischem
Boden statt. Das verbrecherische Naziregime entzündete
aber einen Weltenbrand und verbreitete einen Terror,
was zusammen mit neuem Kriegsgerät und neuen Verbündeten
nun den Krieg in die ganze Welt hineintrug. Am Ende standen
über 28 Millionen tote Soldaten und die unglaubliche
Zahl von fast 40 Millionen zivilen Opfern. Das heißt,
ein Land mit einer Bevölkerung wie Frankreich war
einfach komplett ausradiert! Zum Leid durch Bomben und
Zerstörung kam aber auch eine ungeahnte Dimension
an Terror. Familien wurden auseinandergerissen, Männer,
Frauen, alte Menschen und Kinder wurden zu Tode gequält
und gefoltert. Über 6 Millionen jüdische Mitbürgerinnen
und Mitbürger kamen durch diese Verbrecherbande und
ihre Helfershelfer zu Tode, aber auch ungezählte
Sinti und Roma oder politisch andersdenkende - vor allem
Kommunisten und Sozialdemokraten. Oder Menschen, denen
man einfach das Recht zu Leben absprach. Es ist schlimm
genug, dass nur ein Teil der Verbrecher zur Verantwortung
gezogen werden konnte. Viele – auch hier mitten
unter uns – zeigten sich als Unschuldslämmer
und kamen ungeschoren durch. Deshalb ist es die Pflicht
jedes einzelnen, auch bei noch so harmlosem Stammtischgeschwätz,
sofort einzuschreiten und die Grenzen aufzuzeigen. Nichts,
aber auch rein gar nichts war gut an dieser Zeit! Und
heute? Heute ist der Volkstrauertag aktueller denn je
zuvor. Auch hier bei uns in unserem Deutschland, welches
auf diesem Boden seit über 69 Jahren keinen Krieg
mehr gesehen hat. Deutsche Soldaten befinden sich im
Auftrag der Bundesregierung und der Staatengemeinschaft
im Krieg und manche kehren nicht mehr heim. Wir stehen
hinter diesen Soldaten, aber auch von diesen Soldaten
geht bei ihrem Auftrag wieder Gewalt aus, die andere
Menschen trifft. Es ist ein schmaler Grat auf dem man
sich bewegt, wenn Gewalt durch Gewalt verhindert werden
soll. Aber leider ist dies immer wieder notwendig.
Im Nahen Osten zieht die Terrorgruppe Islamischer Staat folternd, vergewaltigend und mordend durch das Land um einen sogenannten Gottesstaat zu errichten. Brauner Mob nutzt dies hier bei uns um bei angeblichen Demonstrationen ihrer hirnlosen Gewalt freien Lauf zu lassen. Russland hat wieder Großmachtgelüste und bringt die Welt wieder an den Rand einer Katastrophe… Wenn wir wegschauen, vor der Gewalt von Krieg und Terror in dieser Welt und vor unserer Haustür, wenn wir wieder die Augen verschließen, dann machen wir uns alle schuldig.
Aber was kann jeder von uns machen? Was kann ich machen? Nehmen wir uns einfach mal zurück, oder sagen “Stopp!” wenn am Stammtisch wieder gegen Ausländer gehetzt wird. Nehmen wir unseren Kollegen in Schutz, der gemobbt wird. Oder behandeln wir einfach unsere Mitmenschen so, wie auch wir behandelt werden möchten.
Im Namen der Ortsgemeinde haben wir diesen Kranz niedergelegt.
Wir gedenken allen Toten und Opfern der beiden Weltkriege
und des braunen Terrors.
Wir gedenken allen Toten und Opfern aller Kriege bis
zum heutigen Tag.
Wir gedenken allen Toten und Opfern von Terror und Willkür,
ob von staatlicher oder nichtstaatlicher Gewalt, bis
zum heutigen Tag.
Ich möchte allen Beteiligten zur Durchführung der Gedenkfeier meinen Dank aussprechen. Dank an Pfarrer Ferdinand Ogbuehi und die katholische Kirchengemeinde, die in diesem Jahr die Organisation und den Hauptteil übernommen haben. Dank an Frau Ursula Groh und den VDK, der wie keine andere Organisation in der Tradition des Volkstrauertages steht. Dank an die musikalische Umrahmung durch den MGV Gau-Odernheim.
Ich danke Ihnen!
Heiner Illing
Ortsbürgermeister